Saalfelden
Aleksy Jagla (1920 – 1942)
Aleksy Jagla wurde während der NS-Herrschaft als Zwangsarbeiter im damaligen „Reichsgau“ Salzburg ausgebeutet. Er wurde am 11. Februar 1920 in Wieniec, Polen, geboren. Im Zuge des nationalsozialistischen Besatzungsregimes wurde er nach Österreich verschleppt, wo er zur Zwangsarbeit verpflichtet wurde. Im nationalsozialistischen System war die Ausbeutung sogenannter „Fremdarbeiter“ fester Bestandteil der Kriegswirtschaft. Jagla wurde auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Marzon 3, 5760 Saalfelden eingesetzt.
Am 8. Jänner 1942 wurde Aleksy Jagla im Alter von 21 Jahren hingerichtet. Die Exekution erfolgte um 14:00 Uhr durch Erhängung in einem abgelegenen Waldstück, bekannt als die „Hohlwege“, rund 100 Meter abseits der damaligen Reichsstraße 1, dem heutigen Bereich Stoissen bei Saalfelden. Die Hinrichtung wurde von Mitgliedern der Gestapo durchgeführt. Als Begründung wurde angegeben, dass Jagla eine Beziehung zu der „deutschen“ Magd Johanna Blaickner unterhalten habe, die am selben Hof wie er eingesetzt war. Derartige Beziehungen galten im rassistischen Weltbild des NS-Regimes als „Rassenschande“ und wurden mit äußerster Härte verfolgt.
Zwangsarbeiter wurden gezwungen der Exekution beizuwohnen
Bei der Hinrichtung waren mehrere NS-Funktionäre anwesend, darunter Vertreter der Gestapo Salzburg, der Gauleitung, der Kreisleitung sowie der Landrat von Zell am See. Zudem wurden mehrere polnische Zwangsarbeiter*innen gezwungen der Exekution beizuwohnen. Die Maßnahme diente ausdrücklich der Abschreckung, um potenziellen „Verstößen“ gegen die NS-Rassenideologie vorzubeugen. In offiziellen Dokumenten ist jedoch nicht von einer Hinrichtung die Rede: In einem erhaltenen Aktenvermerk aus dem Jahr 1946 (!) wird stattdessen als Todesursache ein „plötzlicher Herztod“ angegeben. Diese Diskrepanz verweist auf eine bewusste Verschleierung der tatsächlichen Umstände.
Dass es sich dabei um keinen Einzelfall handelte, zeigt der Fall des polnische Zwangsarbeiters Valentin Bilch. Er war beim Oberlaimgrubbauern in Letting 12, Gemeinde Saalfelden, beschäftigt und unterhielt von 1942 bis April 1943 eine Beziehung mit der unehelichen Tochter seiner „Dienstgeberin“. Auch er wurde deswegen zum Tode verurteilt. Die Exekution fand am 20. September 1943 in der Ortschaft Bsuch, Gemeinde Saalfelden, in einem kleinen Waldstück statt. Die Hinrichtung wurde durch Beamte der Gestapo Salzburg vollstreckt, im Beisein von Parteifunktionären sowie dem Medizinalrat Dr. Spitzl aus Saalfelden, der als Justizarzt beigezogen wurde. Wie schon im Fall Jagla wurden auch hier sämtliche polnischen Zwangsarbeiter*innen zur Hinrichtungsstätte gebracht, um sie durch das öffentliche Exempel abzuschrecken.
Kein Strafverfahren gegen Kriegsverbrecher
An der Ermordung Jaglas waren mehrere Funktionsträger des NS-Regimes beteiligt. Hubert Hueber, Leiter der Gestapo Salzburg von 1942 bis 1945, wird in den Quellen in direktem Zusammenhang mit der Ermordung Aleksy Jaglas genannt. Die öffentliche Hinrichtung hatte exemplarischen Charakter und diente als Machtdemonstration gegenüber anderen Zwangsarbeitern. Nach dem Krieg wurde Hueber vor Gericht gestellt. Er wurde jedoch freigesprochen, da er laut Gericht lediglich Befehle aus Berlin ausgeführt habe. Dieses Urteil ist ein Beispiel für die vielfach unzureichende strafrechtliche Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen nach 1945.
Anton Zinth wurde am 8. Februar 1909 in Mindelheim in Bayern geboren. Er war Jurist und trug den SS-Dienstgrad eines Obersturmführers. Von März 1942 bis Mai 1945 leitete er das Ausländerreferat der Gestapo Salzburg. In dieser Funktion war er verantwortlich für die systematische Überwachung, Disziplinierung und teils physische Vernichtung von ausländischen Arbeitskräften. Neben dem Fall Aleksy Jagla war Zinth auch in die Ermordung von Zwangsarbeitern im Rüstungsbetrieb Oberascher sowie in mehreren ländlichen Gemeinden des Bundeslandes Salzburg verwickelt. Nach dem Krieg wurde er in die erste Salzburger Kriegsverbrecherliste aufgenommen. Zudem wurde er in einer Anzeige der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 22. Juli 1947 namentlich erwähnt. Dennoch wurde in Österreich kein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet.
Friedrich Lackner war von 1938 bis 1945 als Kriminalsekretär im sogenannten Ausländerreferat der Gestapo Salzburg tätig. Auch er war an der Verfolgung und Ermordung ausländischer Arbeitskräfte beteiligt, darunter auch im Fall Aleksy Jagla. Lackner arbeitete unter dem Kommando von Anton Zinth, dem damaligen Leiter des Referats. Trotz seiner offensichtlichen Beteiligung an Verbrechen gegen Zwangsarbeiter wurde Lackner nach dem Krieg nicht strafrechtlich belangt.
Autor*innen: Caroline Aberger, Eliano Bettin, Anna Vaszil
Quellen und Literatur:
Oskar Dohle / Nicole Slupetzky: Arbeiter für den Endsieg. Zwangsarbeit im Reichsgau Salzburg 1939–1945, Wien / Köln / Weimar 2004.
Gerd Kerschbaumer, Täterspuren, Salzburg 2023, online unter
Alois Nußbaumer, „Fremdarbeiter“ im Pinzgau. Zwangsarbeit. Lebensgeschichten, Salzburg 2011.
Stolpersteine Salzburg, Verzeichnis nationalsozialistischer Terroropfer im Bundesland Salzburg