Jury kürte Kunstprojekt für Gedenkort in Neumarkt

Entwurf von Bernhard Gwiggner wird realisiert. Acht Künstler*innen haben am geladenen Wettbewerb teilgenommen

Zur Erinnerung an die Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer in Salzburg errichtet das Land Sa

Der Wettbewerb für die künstlerische Gestaltung des ersten Gedenkortes für Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer in Salzburg, der im kommenden Jahr in Neumarkt am Wallersee umgesetzt wird, ist abgeschlossen. Die Jury unter dem Vorsitz von Katharina Blaas-Pratscher hat sich für die Einreichung des bildenden Künstlers Bernhard Gwiggner entschieden und schlägt diese zur Realisierung vor. Das Kunstprojekt soll an den widerständigen Georg Rinnerthaler in Neumarkt am Wallersee erinnern.

„Bernhard Gwiggner greift unter ‚Einwurf‘ auf zwei markante Stellen aus der historischen Recherche von Albert Lichtblau und Robert Obermair zur Person des Gastwirtes Georg Rinnerthaler zurück, die er visuell und aktionistisch überblendet: eine Fotografie der Verhaftung Rinnerthalers unmittelbar nach dem ‚Anschluss‘ und das gewaltsame Einschlagen von 51 Fensterscheiben seines Hauses direkt nach seiner Rückkehr aus dem KZ Dachau“, sagt die Kunsthistorikerin Hildegard Fraueneder von der Projektgruppe „Orte des Gedenkens“ nach der Entscheidung der Jury.

Der Gasthausbesitzer und Fleischhauer war bereits 1934 zum Ziel von NS-Anschlägen geworden. Er und sein Sohn wurden am Tag des „Anschlusses“ verhaftet und ein Jahr im KZ Dachau interniert. Bereits in der Nacht seiner Rückkehr im März 1939 nach Neumarkt schlugen örtliche Nazis 51 Fenster seines Hauses ein.

Bei einer Kunstaktion bei der Eröffnung im Mai 2022 soll dieser Gewaltakt des Einschlagens der Fenster auch erfahrbar gemacht werden. „In einer aktionistischen Umsetzung auf einer psycho-physischen Ebene können beide Positionen, jene des*der Täter*in und des Opfers, eingenommen werden“, erläutert Fraueneder. „Damit verknüpft sind die Fragen wie jene nach gesellschaftlich legitimierter Gewalt, nach Ermöglichung und Verhinderung von Gewalt, nach Handlungsspielräumen damals und heute.“

Der Entwurf von Gwiggner stieß auch bei den Vertreter*innen der Gemeinde Neumarkt auf breite Zustimmung. Bürgermeister Adolf Rieger (ÖVP) gefällt an dem ausgewählten Entwurf besonders, „dass er die Brücke von der Vergangenheit ins Heute schafft“ und der „prägnante Bezug zur Gemeinde Neumarkt am Wallersee“. Zudem würden alle Standorte, die im Wettbewerb als mögliche Plätze für eine künstlerische Intervention vorgegeben waren, genutzt werden. „Das Kunstprojekt zieht sich über den ganzen Ort und wird so maximal sichtbar für die Bevölkerung und die Region“, sagt Bürgermeister Rieger.

„Unsere Erinnerungskultur muss lebendig bleiben. Dafür braucht es immer neue Zugänge. Mit ‘Orte des Gedenkens’ bekommen wir ein gesellschaftlich, geschichtlich und politisch bedeutendes Kultur-Projekt, das alle Regionen Salzburgs aufsucht. Es bietet uns Raum, Zeit und Denk-Anstöße, um nicht zu vergessen“, sagt Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne).

„Anhand konkreter Orte und Biographien gehen wir hier den Weg vom ‚Denk-Mal‘ zum gemeinsamen Nachdenken über Geschichte und Gegenwart, über das Nachwirken der Zeit von Diktatur und Verfolgung und über Handlungsmöglichkeiten und Zivilcourage damals wie heute“, ergänzt Landesrätin Andrea Klambauer (Neos). „Damit möchten wir als Land auch den Überlebenden von Verfolgung im Nationalsozialismus gerecht werden.“

Die Jury

Acht Künstler*innen wurden zum Wettbewerb für das Mahnmal in Neumarkt eingeladen. Die Jury bewertete zwei Tage lang die Einreichungen in Neumarkt am Wallersee. Der Jury gehörten neben dem Bürgermeister von Neumarkt Adolf Rieger (ÖVP) und der Projektgruppe eine Vertreterin des Fachausschusses des “Fonds für Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raum” an: Sophie Goltz ist Leiterin der Internationalen Sommerakademie für bildende Kunst in Salzburg. Hinzu kommen als externe Kunstexpertinnen die Künstlerin Isa Rosenberger und die ehemalige Leiterin von Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich, Katharina Blaas-Pratscher, die auch den Vorsitz der Jury übernahm. „Beide bringen viel Erfahrung in der künstlerischen Gestaltung von Erinnerungsorten mit ein“, sagt Fraueneder, selbst Kunsthistorikerin und Teil der Arbeitsgemeinschaft „Orte des Gedenkens“.

Bewertet wurde in erster Linie die künstlerische Qualität der Einreichungen „in Hinsicht auf eine zeitgemäße Annäherung an Erinnerungskulturen, deren inhaltliche Dimension, Überzeugungskraft und Stimmigkeit“, sagt Fraueneder. Der Wettbewerb wird von der Geschäftsstelle des Fonds zur Förderung von „Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raum“ des Landes Salzburg administriert. Für die künstlerische Umsetzung war ein Budget von 30.000 Euro veranschlagt.

Das Gesamtprojekt

Zur Erinnerung an die Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer in Salzburg errichtet das Land Salzburg in den kommenden sechs Jahren in jedem politischen Bezirk einen Gedenkort. Neben den künstlerisch gestalteten Erinnerungsorten werden die Biografien der Betroffenen und die verschiedenen Formen des Widerstands historisch aufgearbeitet und mit einem Vermittlungsprogramm für Schüler*innen begleitet. Geleitet wird das Projekt von der Arbeitsgemeinschaft „Orte des Gedenkens“, der die Kunsthistorikerin Hildegard Fraueneder und die Historiker Albert Lichtblau und Robert Obermair angehören. Das Land Salzburg stellt für das Gesamtprojekt 100.000 Euro pro Jahr zur Verfügung.

Rückfragehinweis:

Stefanie Ruep, Pressekoordination Orte des Gedenkens
office@ortedesgedenkens.at
Tel: +43650/8312976

Bild: Georg Rinnerthaler bei seiner Verhaftung durch die am 12. März 1938 in Neumarkt. (Fotocredit: Museum Fronfeste)