Dritter Ort des Gedenkens wird am 11. Mai in St. Johann im Pongau eröffnet

Brücke über die Wagrainer Ache wird nach Theresia und Alois Buder benannt. Kunstprojekt „Was geht zuhause vor“ von Tatiana Lecomte startet. St. Johann im Pongau wird ein Jahr lang zum Erinnerungsraum an den Unterstützungswiderstand gegen den Nationalsozialismus.

St. Johann im Pongau ist die dritte Gemeinde, in der am 11. Mai um 14 Uhr in der kultur:plattform ein Ort des Gedenkens eröffnet wird. Im Auftrag des Landes Salzburg errichtet die Arbeitsgemeinschaft „Orte des Gedenkens“ in jedem politischen Bezirk einen temporären Erinnerungsort an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Das Kunstprojekt „Was geht zuhause vor“ der Künstlerin Tatiana Lecomte rückt ausgehend von der Biografie von Theresia und ihrem Mann Alois Buder den Unterstützungswiderstand in den Mittelpunkt.

Theresia und Alois Buder halfen Karl Rupitsch, zentraler Akteur der Goldegger Deserteurs- und Widerstandsgruppe, zu flüchten. Neben dem Ehepaar Buder unterstützten auch deren Nachbar Kaspar Wind und dessen Mitarbeiterin Margarete Oblasser die Deserteure in Goldegg.

Rupitsch wurde am 28. November 1943 wegen Schwarzschlachtens verhaftet und im Gerichtsgefängnis im heutigen St. Johann eingesperrt. Kaspar Wind und anderer befreiten Rupitsch aus dem Gefängnis. Alois Buder beherbergte Rupitsch einige Tage in seiner Wohnung und brachte ihn dann mit einem Lastwagen nach Taxenbach in ein Versteck der Familie Oblasser.

Alois Buder und Kaspar Wind wurden am 28. Oktober 1944 in Mauthausen hingerichtet, Theresia Buder war im KZ Ravensbrück interniert und kam knapp vor Kriegsende im Februar 1945 unter bislang ungeklärten Umständen ums Leben.

Brückenbenennung und Erläuterungstafel

Der Titel des Kunstprojekts „Was geht zuhause vor“ ist ein Zitat aus einer Postkarte, die Theresia Buder aus dem KZ Ravensbrück kurz vor ihrem Tod nach St. Johann im Pongau schickte. Die Sorge um das Zuhause nimmt Tatiana Lecomte auf. Ein Jahr lang werden monatlich Beilagen mit den Pongauer Nachrichten versendet, die wie Rezeptkarten zum Sammeln gestaltet sind und mit den Biografien von Theresia und Alois Buder verwebt werden: Auf der Vorderseite sind Gerichte aus Rezeptbüchern aus den 1940er Jahren abgebildet. Auf der Rückseite der Beilagen finden sich jedoch keine Rezepte, sondern es sind Auszüge aus Interviews mit der Witwe von Walter Buder und ihrem Sohn zu lesen. Sie werden im Laufe des Jahres mit Informationen über die widerständigen Tätigkeiten des Ehepaars Buder, von Kaspar Wind und deren Verbindungen zu den Goldegger Deserteuren ergänzt.

Teil des Kunstprojekts von Tatiana Lecomte war die Umbenennung des so genannten kleinen Parks zu „Theresia und Alois Buder-Park“, was allerdings von der Besitzerin des Areals abgelehnt worden war. Die Projektgruppe Orte des Gedenkens hat darauf der Gemeinde vorgeschlagen, die Brücke über die Wagrainer Ache nach der Familie Buder zu benennen und einer Erinnerungstafel schräg gegenüber des „Gassnerhauses“ zu errichten. Die Gemeindevertretung fällte einen einstimmigen Beschluss dafür.

„Mit der neuen Benennung einher geht eine öffentliche Würdigung von Personen, die sich nicht dem Unrechtregime gebeugt haben und dadurch ihr Leben verloren haben“, betont Hildegard Fraueneder. Außerdem wird auf Anregung von Tatiana Lecomte mit einer erläuternden Texttafel das weithin sichtbare Fresko an der nördlichen Außenmauer der Anna-Kapelle, „Heimkehr zweier Soldaten“ von Switbert Lobisser, aus dem Jahr 1941 kontextualisiert. In Absprache mit dem Bundesdenkmalamt wird die Texttafel in Zusammenarbeit mit der Stadtgemeinde realisiert.

Mieze Medusa und Markus Köhle werden die feierliche Eröffnung am 11. Mai in der kultur:plattform mit einem Widerstandspoem und musikalischer Begleitung von Bertl Mütter umrahmen. Im Anschluss wird gemeinsam die Annakapelle besucht, an deren Fassade die Texttafel zum dortigen Lobisser-Fresko enthüllt wird. Die Eröffnungsveranstaltung findet bei der neu benannten Theresia und Alois Buder-Brücke über die Wagrainer Ache ihren Abschluss.

Projekt mit drei Säulen

Geleitet wird das Projekt von der Arbeitsgemeinschaft „Orte des Gedenkens“, der die Kunsthistorikerin Hildegard Fraueneder und die Historiker Albert Lichtblau und Robert Obermair angehören. Die Arbeitsgemeinschaft arbeitet eng mit der kultur:plattform St. Johann, der Geschichtswerkstatt St. Johann und der Stadt St. Johann im Pongau zusammen. Das temporäre Kunstprojekt von Tatiana Lecomte wird in Kooperation mit dem „Fonds für Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raum“ des Landes Salzburg durchgeführt. Tatiana Lecomte ging als Siegerin aus einem 2023 durchgeführten künstlerischen Wettbewerb hervor, über den eine unabhängige Jury entschied.

Das Konzept des Projekts „Orte des Gedenkens“ beruht auf drei Säulen: historische Aufarbeitung, künstlerische Intervention und Vermittlungsarbeit. Im Zuge des Vermittlungsprogramms werden nach der Eröffnung über ein Jahr lang Diskussionsabende, Vorträge und Workshops in St. Johann im Pongau veranstaltet. Es wird auch ein kostenloser Schulworkshop angeboten (Nähere Infos dazu auf der Website www.ortedesgedenkens.at) 

Für die historische Aufarbeitung der Biografien diente auch das Privatarchiv der Familie Buder als wichtige Quelle, das bislang unbekannte Fotografien und Dokumente enthielt. Das Ehepaar Buder hinterließ ihren Sohn Walter, der von seiner Großmutter aufgezogen wurde. Mit der Witwe von Walter Buder und deren Sohn wurden im Vorfeld mehrere Gespräche geführt.

Der Arbeitsgemeinschaft „Orte des Gedenkens“ ist es wichtig, in der Zusammenschau der Projektrealisierungen in den jeweiligen politischen Bezirken Salzburgs unterschiedliche Aspekte des Widerstands zu thematisieren. Nach dem christlich-sozialen Georg Rinnerthaler in Neumarkt am Wallersee, dem kommunistischen Widerstand von Agnes Primocic in Hallein sollen nun die Fluchthilfe und der Unterstützungswiderstand thematisiert werden.

 

Bilder:

Bild 1: Theresia und Alois Buder im Auto (vorne) (Fotocredit: Privatarchiv Buder)

Bild 2: Die Brücke über der Wagrainer Arche, die in Theresia und Alois Buder-Brücke umbenannt wird.

Bild 3: Das Lobisser Fresko an der Annakapelle neben dem Dom in St. Johann im Pongau.

(Fotocredit: Orte des Gedenkens)

Rückfragehinweis:

Stefanie Ruep, Pressekoordination Orte des Gedenkens
office@ortedesgedenkens.at 
Tel: +43650/8312976